Finanzrisiken

Für diese Risikokategorie ist die Eintrittswahrscheinlichkeit mit hoch (Vorjahr: hoch) und das Schadenausmaß mit mittel (Vorjahr: mittel) bewertet.

Die größten Risiken aus dem GRC-Regelprozess und dem RQP resultieren aus volatilen Devisenmärkten.

Strategien der Risikoabsicherung im Finanzbereich

Im Rahmen unserer Geschäftstätigkeit können durch Veränderungen von Zinssätzen, Währungskursen, Rohstoffpreisen oder Aktien- und Fondspreisen Finanzrisiken entstehen – auch durch nicht vorhersehbare Ereignisse wie die Covid-19-Pandemie. Das Management dieser Finanz- und von Liquiditätsrisiken liegt in der zentralen Verantwortung des Bereichs Konzern-Treasury, der diese Risiken durch den Einsatz originärer und derivativer Finanzinstrumente reduziert. Der Vorstand wird in regelmäßigen Abständen über die aktuelle Risikosituation informiert.

Das Zinsänderungsrisiko umfasst potenzielle Verluste aufgrund der Veränderung von Marktzinsen. Es entsteht durch inkongruente Zinsbindungen der Aktiv- und Passivpositionen eines Portfolios beziehungsweise der Bilanzposten. Durch den Abschluss von Zinsswaps, kombinierten Zins-Währungs-Swaps sowie sonstigen Zinskontrakten sichern wir Zinsrisiken – gegebenenfalls in Verbindung mit Währungsrisiken – und Risiken aus Wertschwankungen von Finanzinstrumenten grundsätzlich betrags- und fristenkongruent ab. Der Grundsatz der Betrags- und Fristenkongruenz gilt für Finanzierungen innerhalb des Volkswagen Konzerns im Konzernbereich Automobile. Im Konzernbereich Finanzdienstleistungen erfolgt die Steuerung der Zinsänderungsrisiken auf Basis von Limiten mittels Zinsderivaten im Rahmen der festgelegten Risikostrategie.

Währungsrisiken reduzieren wir insbesondere durch das Natural Hedging, das heißt, indem wir die Belegung der Produktionskapazitäten an unseren weltweiten Standorten flexibel anpassen, neue Produktionsstätten in den wichtigsten Währungsregionen aufbauen und auch einen Großteil der Bauteile vor Ort beschaffen. Das verbleibende Währungsrisiko sichern wir durch den Einsatz von Financial-Hedge-Instrumenten ab. Das sind im Wesentlichen Devisentermingeschäfte und Devisenoptionen. Mit ihnen begrenzen wir das Währungsrisiko erwarteter Zahlungsströme aus der operativen Geschäftstätigkeit, aus konzerninternen Finanzierungen sowie aus Liquiditätspositionen, die von der jeweiligen funktionalen Währung, zum Beispiel aufgrund von Kapitalverkehrsbeschränkungen, abweichen. Die Devisentermingeschäfte und Devisenoptionen können eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren haben. Wir sichern damit unsere wesentlichen Fremdwährungsrisiken ab, hauptsächlich gegenüber dem Euro und vor allem in den Währungen australischer Dollar, brasilianischer Real, britisches Pfund, chinesischer Renminbi, Hongkong-Dollar, indische Rupie, japanischer Yen, kanadischer Dollar, mexikanischer Peso, norwegische Krone, polnischer Zloty, russischer Rubel, schwedische Krone, Schweizer Franken, Singapur-Dollar, südafrikanischer Rand, südkoreanischer Won, Taiwan-Dollar, tschechische Krone, ungarischer Forint und US-Dollar.

Risiken bei der Rohstoffsicherung bestehen im Hinblick auf die Rohstoffverfügbarkeit und die Preisentwicklung. Mögliche Risiken aus der Rohstoff- und Energiepreisentwicklung analysieren wir fortlaufend, um bei etwaigen Veränderungen im Markt umgehend reagieren zu können. Diese Risiken begrenzen wir insbesondere durch den Abschluss von Termingeschäften und Swaps. Einen Teil unseres Bedarfs an Rohstoffen, wie Aluminium, Blei, Kohle und Kupfer haben wir durch entsprechende Kontrakte über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren abgesichert, im Fall von Nickel bis zu neun Jahren. Die Edelmetalle Platin, Palladium und Rhodium sind mit kürzeren Sicherungslaufzeiten versehen, in der Regel bis maximal drei Jahre. Dies kann für ausgewählte Rohstoffe auch physische Bestandserhöhungen beinhalten. Ebenso wurden Geschäfte abgeschlossen, um die Zuteilungen von CO2-Emissionszertifikaten im Rahmen des European Union Emissions Trading System (EU ETS) zu ergänzen und zu optimieren.

Aus Spezialfonds, in denen wir Überschussliquidität anlegen, resultieren Aktien- und Fondspreisrisiken. Diese Risiken reduzieren wir durch eine diversifizierte Anlage der Mittel sowie durch in den jeweiligen Anlagerichtlinien festgeschriebene Wertuntergrenzen. Zudem werden bei entsprechender Marktlage Kurssicherungen durchgeführt.

Unsere Sicherungspolitik, die Sicherungsrichtlinien, die Ausfall- und Liquiditätsrisiken sowie die Quantifizierung der genannten Sicherungsgeschäfte erläutern wir im Konzernanhang. Außerdem stellen wir dort die Marktpreisrisiken im Sinne von IFRS 7 dar.

Risiken aus Finanzinstrumenten

Aus der Anlage überschüssiger Liquidität und dem Abschluss von Derivaten ergeben sich Kontrahentenrisiken. Ein Teil- oder Totalausfall eines Kontrahenten, etwa im Hinblick auf seine Rückzahlungspflicht für Zinsen und Kapital, würde die Ergebnisrechnung und die Liquidität des Volkswagen Konzerns negativ beeinflussen. Diesem Risiko begegnen wir durch unser Kontrahentenrisikomanagement, das wir im Abschnitt „Grundsätze und Ziele des Finanzmanagements“ innerhalb der „Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage“ näher erläutern. Bei den zu Sicherungszwecken gehaltenen Finanzinstrumenten ergeben sich neben den Kontrahentenrisiken auch bilanzielle Risiken, die wir durch die Anwendung von Hedge Accounting begrenzen.

Selbst wenn einzelne Kontrahenten ausfallen sollten, gewährleisten wir mit der Diversifizierung bei der Auswahl der Geschäftspartner, dass die Auswirkungen eines Ausfalls begrenzt sind und der Volkswagen Konzern jederzeit zahlungsfähig bleibt.

Risiken, die im Zusammenhang mit Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen, und Risiken aus Finanzdienstleistungen werden im Konzernanhang erläutert.

Liquiditätsrisiken

Volkswagen ist auf die Fähigkeit angewiesen, seinen Finanzierungsbedarf angemessen zu decken. Ein Liquiditätsrisiko besteht darin, möglicherweise nicht in der Lage zu sein, den vorhandenen Kapitalbedarf über die Aufnahme von Finanzmitteln sicherzustellen oder sich zu angemessenen Konditionen zu finanzieren, was sich wiederum erheblich negativ auf die Geschäfts-, Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von Volkswagen auswirken kann.

Der Konzernbereich Automobile und der Konzernbereich Finanzdienstleistungen refinanzieren sich grundsätzlich unabhängig voneinander, unterliegen jedoch weitestgehend vergleichbaren Refinanzierungsrisiken. Im Konzernbereich Automobile wird im Wesentlichen aus einbehaltenen, nicht ausgeschütteten Erträgen, der Inanspruchnahme von Kreditlinien sowie durch die Begebungen von Finanzierungsinstrumenten an den Geld- und Kapitalmärkten die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zu jeder Zeit gewährleistet. Der Kapitalbedarf für das Finanzdienstleistungsgeschäft wird überwiegend durch Fremdkapitalaufnahmen an den nationalen und internationalen Finanzmärkten sowie durch Kundeneinlagen aus dem Direktbankgeschäft gedeckt.

Für Projektfinanzierungen nutzt Volkswagen unter anderem Darlehen, die von nationalen Entwicklungsbanken wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social (BNDES) oder von supranationalen Förderbanken zur Verfügung gestellt werden.

Neben bestätigten Kreditlinien ergänzen auch unbestätigte Kreditlinien von Geschäftsbanken die breit diversifizierte Refinanzierungsstruktur.

Die Finanzierungsmöglichkeiten können durch eine Verschlechterung der finanziellen und allgemeinen Marktbedingungen – auch als Folge der Covid-19-Pandemie – eine Verschlechterung des Kreditprofils und des Ausblicks sowie eine Herabstufung oder Rücknahme des Ratings beeinträchtigt werden. In diesen Fällen besteht das Risiko, dass die Nachfrage der Kapitalmarktteilnehmer nach von Volkswagen ausgegebenen Wertpapieren sinkt, was sich zusätzlich nachteilig auf die zu zahlenden Zinssätze auswirken und zu einem eingeschränkten Kapitalmarktzugang führen kann.

Risiken und Chancen im Finanzdienstleistungsgeschäft

Im Rahmen unserer Finanzdienstleistungsaktivitäten sind wir im Wesentlichen Restwertrisiken sowie Kreditrisiken ausgesetzt.

Ein Restwertrisiko entsteht dadurch, dass der prognostizierte Marktwert bei Verwertung des Leasing- beziehungsweise Finanzierungsgegenstands geringer sein kann als der bei Vertragsabschluss kalkulierte Restwert. Demgegenüber besteht die Chance, bei Verwertung mehr als den kalkulierten Restwert zu erhalten.

Bezogen auf den Träger der Restwertrisiken wird zwischen direkten und indirekten Restwertrisiken unterschieden. Von einem direkten Restwertrisiko wird gesprochen, wenn das Restwertrisiko durch unsere Finanzdienstleistungsgesellschaften direkt (vertraglich geregelt) getragen wird. Ein indirektes Restwertrisiko liegt vor, wenn das Restwertrisiko aufgrund einer Restwertgarantie auf einen Dritten, zum Beispiel Händler, übergegangen ist. In diesen Fällen besteht zunächst hinsichtlich dieses Dritten (Restwertgaranten) ein Adressenausfallrisiko. Fällt der Restwertgarant aus, geht das Restwertrisiko auf unsere Finanzdienstleistungsgesellschaften über.

Das Management der Restwertrisiken basiert auf einem festgelegten Regelkreis, der eine vollständige Risikobeurteilung, -überwachung, -steuerung und -kommunikation sicherstellt. Neben einem professionellen Restwertrisikomanagement gewährleistet diese Art der Prozessgestaltung auch, dass der Umgang mit Restwertrisiken systematisch verbessert und weiterentwickelt wird.

Für die Restwertrisiken werden im Rahmen der Risikosteuerung regelmäßig die Angemessenheit der Risikovorsorge sowie das Restwertrisikopotenzial überprüft. Dabei werden den vertraglich vereinbarten Restwerten erzielbare Marktwerte gegenübergestellt, die aus den Daten externer Dienstleister und aus eigenen Vermarktungsdaten ermittelt werden. Restwertchancen bleiben in der Risikovorsorgebildung unberücksichtigt.

Aus dem sich ergebenden Restwertrisikopotenzial werden verschiedene Maßnahmen zur Begrenzung des Restwertrisikos ergriffen. Hinsichtlich des Neugeschäfts müssen dabei aktuelle Marktgegebenheiten und zukünftige Einflussfaktoren in der Restwertempfehlung berücksichtigt werden.

Wesentliche Grundlage für Kreditentscheidungen ist die Bonitätsprüfung von Kreditnehmern. Dabei werden Rating- und Scoring-Verfahren eingesetzt, die eine objektive Entscheidungsgrundlage für die Kredit- und Leasingvergabe sowie die zu bildende Risikovorsorge liefern.

Das Kreditrisiko beschreibt die Gefahr der Entstehung von Verlusten durch Ausfälle in Kundengeschäften, konkret durch Ausfall des Kredit- beziehungsweise des Leasingnehmers. Der Ausfall ist hierbei durch die Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Zahlungsunwilligkeit des Kredit- beziehungsweise Leasingnehmers bedingt. Dies umfasst, dass der Vertragspartner Zins- und Tilgungszahlungen nicht termingerecht oder nicht in voller Höhe leistet.

Eine Chance kann sich ergeben, sofern die eingetretenen Verluste aus dem Kredit- und Leasinggeschäft geringer ausfallen als die vorher berechneten erwarteten Verluste und die auf dieser Grundlage gebildete Risikovorsorge. Insbesondere in einzelnen Ländern, in denen aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Situation ein konservativer Risikoansatz verfolgt wird, kann sich bei einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage und damit einhergehend einer Verbesserung der Bonität der Kreditnehmer die Chance ergeben, dass die realisierten unter den erwarteten Verlusten liegen.

Die Risikosteuerung und -überwachung erfolgt im Rahmen entsprechender Prozesse hinsichtlich wirtschaftlicher Verhältnisse und Sicherheiten sowie der Einhaltung von Limiten, vertraglichen Verpflichtungen und externen und internen Auflagen. Dafür werden Engagements, entsprechend ihrem Risikogehalt, in eine geeignete Betreuungsform (Normal-, Intensiv- oder Problemkreditbetreuung) überführt.

Weitere Informationen zu Risiken im Finanzdienstleistungsgeschäft finden Sie in den Geschäftsberichten 2020 der Volkswagen Financial Services AG und der Volkswagen Bank GmbH.